Die Anfänge von Android waren vor allem durch einen Hersteller dominiert: HTC baute nicht nur das erste Android-Smartphone überhaupt – das HTC Dream, hierzulande als T-Mobile G1 verkauft – sondern konnte diesen Startvorsprung auch nutzen, um in Folge mit Geräten wie dem HTC Desire den Android-Markt einige Zeit lang zu dominieren. Doch dann folgten Motorolas Droid (Milestone) sowie die ersten Geräte aus Samsungs S-Reihe, und die Macht von HTC ward gebrochen. In den letzten Jahren hat das Unternehmen kaum etwa unversucht gelassen, um wieder Fuß zu fassen, doch der Abwärtstrend ließ sich bislang nicht stoppen. Zwar kamen HTC One (M7) und seine Nachfolger meist gut bei der Kritik an, die breite Masse griff aber weiterhin lieber zu den Geräten anderer Hersteller.

HTC 10

Mit dem HTC 10 wagt der Hersteller nun einen weiteren Versuch, und versucht sich dabei auf seine Kernkompetenz zu konzentrieren: Dem Zusammenstellen guter Hardware. Platz für Spielereien wie die Module beim LG G5 oder der abgeschrägte Bildschirm des Galaxy S7 Edge gibt es hier nicht, auch bei den eigenen Softwaremodifikationen verspricht man eine Wende zur neuen Bescheidenheit.

Mit dem HTC 10 hofft der Hersteller endlich den ersehnten Aufschwung auf dem Smartphonemarkt zu erreichen.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Ersteindruck

Auf den ersten Blick wirkt das HTC 10 denn auch etwas generisch. Es dominiert die seit Jahren von fast allen Anbietern gewohnte Kombination aus Aluminium-Körper und Glasfront. An der Oberseite gibt es eine kleines "Fenster" aus Kunststoff, um NFC und Co. die Möglichkeit zu geben, nach außen zu kommunizieren. Unterhalb des Bildschirms ist ein schmaler Fingerabdruckscanner angebracht, die Kamera steht leicht heraus. Wäre da nicht die ungewohnt starke seitliche Abschrägung an der Rückseite, wäre es kaum möglich das HTC 10 rein äußerlich von vielen anderen Geräten zu unterscheiden. Das muss an sich nichts Negatives sein, immerhin gibt es durchaus gute Gründe, warum mittlerweile fast alle Hersteller ein ähnliches Design verwenden, und doch zeigt es auch, dass die Zeiten, in denen HTC so etwas wie eine Design-Führerschaft in der Branche hatte, lange vorbei sind. Immerhin war es das HTC One (M7) das eben diesen Stil geprägt hat, dem über die Jahre immer mehr Hersteller gefolgt sind.

Lob

All dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass das HTC 10 tadellos verarbeitet ist. Das gilt sowohl für all die verbauten Knöpfe als auch für den gut gefassten Übergang zwischen Glas und Metall. Mit seinen 161 Gramm wirkt das neue HTC-Gerät zwar etwas schwer und ist mit seinen 9 Millimeter auch dicker als so mancher Konkurrent, dafür liegt es wirklich hervorragend in der Hand. Was ebenfalls gefällt: Obwohl der Bildschirm im Vergleich zum Vorgänger von 5,0 auf 5,2 Zoll angewachsen ist, sind die Abmessungen mit 145,9 x 71,9 Millimeter praktisch unverändert geblieben. Eine Reduktion des den Bildschirm umgebenden Bereichs macht dies möglich.

Soft-Touch

Der zuvor schon erwähnte Fingerabdrucksensor ist übrigens im Gegensatz zum Galaxy S7 nicht mit einem echten Hardwareknopf kombiniert, sondern bildet den mittleren von drei Soft-Touch-Buttons. Damit verabschiedet sich HTC wieder von den On-Screen-Buttons, wie sie Google seit Jahren zu forcieren versucht. Die Fingerabdruckerkennung funktioniert übrigens – wie mittlerweile bei praktisch allen aktuellen Geräten – flink und auch erfreulich zuverlässig.

Der Fingerabdrucksensor ist unter dem Bildschirm angebracht. Ebenfalls zu sehen: Der USB-C-Anschluss und der zweit Lautsprecher.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Bildschirm

Dass der Bildschirm 5,2 Zoll groß ist, wurde bereits erwähnt, die Auflösung beträgt jene 2.560 x 1.440 Pixel, die aktuell im Android-Umfeld zum Standard unter High-End-Geräten geworden sind. Es handelt sich dabei um ein LCD-Panel, ein solch großer Kontrast wie bei einem AMOLED ist hier also nicht zu erwarten. Ansonsten gibt es am Bildschirm nichts auszusetzen, Schriften werden gestochen scharf dargestellt, auch die Farbwiedergabe ist sehr gut.

Snapdragon 820

Als Prozessor kommt ein Snapdragon 820 zum Einsatz, und damit das aktuelle Topmodell von Qualcomm, das heuer wohl bei fast allen Android-Spitzengeräten zu finden sein wird. Dabei handelt es sich um einen Quadcore-Chip (zwei flotte Kerne mit 2,15 GHz, zwei sparsamere mit 1,6 GHz), der die Schwächen des Vorgängers – des Snapdragon 810 – vergessen machen soll. Schwächen, an die sich gerade HTC schmerzlich erinnern wird, war dessen HTC One M9 doch von der übermäßigen Hitzeentwicklung des Vorjahresprozessors stärker geplagt als die Geräte anderer Hersteller.

Flott, flotter, am flottesten

In Benchmarks kann der Snapdragon 820 jedenfalls voll und ganz überzeugen. Mit einem Wert von 132.712 Punkten liegt er sogar noch vor dem Exynos 8890, der bei europäischen Ausgaben des Galaxy S7 zum Einsatz kommt. Bei Geekbench kommt das HTC 10 auf 2.249 Punkte im Single-Core- und 5.032 Punkte im Multi-Core-Benchmark – ebenfalls sehr gute Werte, auch wenn hier der aktuelle Samsung-Chip noch einen Tick flotter ist. Bestwerte liefert der Snapdragon dann wieder in Grafiktests, bei 3DMark Slingshot ES 3.1 erreicht das HTC 10 2.425 Punkte, das S7 musste sich hier mit "nur" 2.165 Punkten zufriedengeben.

In Benchmarks liefert das HTC 10 durchgehend Bestwerte, lediglich beim Storage-Test schneidet Samsungs Galaxy S7 erheblich besser ab.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Hitzeentwicklung

Bei all dem fällt auf, dass das HTC 10 schon nach dem ersten Benchmarklauf bei 3DMark deutlich wärmer wird. Dazu passend sinkt der Testwert auch bereits in der zweiten Runde auf 1.737 Punkte. Danach bleibt er aber zumindest halbwegs stabil, nach dem fünften Durchlauf in Folge kommt das HTC 10 auf 1.678 Punkte. In Summe zeigt sich also ein durchaus signifikanter Leistungsabfall und zwar bereits nach recht kurzer Zeit. Andere Smartphones verlieren zwar bei Dauerbelastung ebenfalls Performance, meist dauert es aber etwas länger bis sich dieser Effekt derart deutlich bemerkbar macht. Betont sei, dass all diese Beobachtungen nur für jene relevant sind, die ihr Smartphone besonders hohen Anforderungen aussetzen – etwa dem längeren Spielen von grafisch aufwändigen Games. Während der durchschnittlichen Nutzung hat das HTC 10 im Test hingegen keinerlei auffällige Hitzeentwicklung gezeigt.

Eindruck

Wichtiger als jeder Benchmark bleibt aber natürlich der subjektive Eindruck im Smartphone-Alltag. Und hier kann das HTC 10 voll und ganz überzeugen, es reagiert durchgängig äußerst flott auf alle Eingaben, auch ein Mikroruckeln, wie es Samsung durch seine Touchwiz-Oberfläche erzeugt, zeigt sich hier nicht. Zum guten Eindruck trägt wohl auch bei, dass HTC nach eigenen Angaben Touch-Sensoren mit besonders niedriger Latenz verwendet hat. Beim Zoomen auf Google Maps zeigt sich denn auch, dass die Reaktion auf Eingaben recht flott ist, einzig Googles Nexus 6P schneidet in dieser Hinsicht noch eine Spur besser ab.

Kamera

Die Kamera war in den letzten Jahren ein zuverlässiger Quell für Kritik an HTC-Geräten. Dies will man mit dem HTC 10 vergessen machen, und – so viel sei vorab verraten – hat damit Erfolg. Doch zunächst zu den technischen Eckdaten: HTC verwendet einen 12-Megapixel-Sensor den man selbst als "Ultrapixel 2" beschreibt, über den Hersteller und den konkreten Chip schweigt man sich allerdings aus. Angesichts der Eckdaten (1/2,3 Zoll Sensorgröße und 1,55µm Pixelgröße) scheint es aber wahrscheinlich, dass hier der selbe IMX377 von Sony zum Einsatz kommt, der schon dem Nexus 6P hervorragende Low-Light-Fähigkeiten verpasst. HTC kombiniert dies aber noch zusätzlich mit optischer Bildstabilisierung und schafft so eine Kamera, die sich zumindest im Ranking von DxOMark ex aequo mit dem Galaxy S7 an die Spitze des Smartphone-Felds setzt.

Die Kamera des HTC 10 liefert sehr gute Ergebnisse ab.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD
Auch bei Nahaufnahmen bleiben sehr viele Details übrig.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Stärken und leichte Schwächen

Ein Eindruck, den der Test zumindest in groben Zügen bestätigt, kann das HTC 10 doch – meist – hervorragende Bilder liefern. Kleine Abzüge gibt es dafür, dass es bei starker Sonneneinstrahlung zum Überstrahlen der Aufnahmen neigt. Auch ist die Kamera des HTC 10 nicht ganz so flink wie jene des aktuellen Samsung-Topmodells. Zumindest gibt es eine – etwas ungewöhnliche – Möglichkeit die Kamera schnell zu starten, und zwar mit einer zweifachen Wischgeste nach unten. Ein nettes Extra, aber die konkrete Implementation führt dazu, dass manch andere Smartphone-Kamera trotzdem schneller gestartet ist – und das ist bei Schnappschüssen von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit.

Ein Testfoto mit Gegenlicht und starkem Kontrast.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Die Qualität passt

Dafür glänzt das neue HTC-Smartphone mit wirklich hervorragenden Low-Light-Aufnahmen. Auch in Hinblick auf Videos gibt es wenig zu klagen, im Vergleich zum Nexus 6P macht gerade in dieser Hinsicht OIS einen entscheidenden Unterschied aus. Das HTC 10 kann übrigens 4K-Videos mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde aufnehmen.

Eine Aufnahme bei sehr schwachen Lichtverhältnissen. Das Ergebnis ist zwar deutlich heller als die Realität, es bleiben aber erfreulich viele Details über. Ein kleiner Schwachpunkt: Manche der Abendaufnahmen werden leicht verschwommen, auch wenn HTC hier bereits mit einem Update nachgebessert hat.

Selfie Time!

Von der Konkurrenz will man sich aber auch mit der Frontkamera absetzen. Diese hat zwar "nur" einen 5-Megapixel-Sensor, allerdings kann auch sie mit optischer Bildstabilisierung aufwarten – eine Premiere. Entsprechend gut fallen auch die Aufnahmen mit dieser auf.

Akku

Der Akku des HTC 10 umfasst 3.000 mAh und damit in etwa das, was von einem Gerät dieser Größe zu erwarten ist. Im Akkubenchmark von PCMark erreicht das neue Smartphone damit einen Wert von 7:47 Stunden, ein durchaus guter, wenn auch nicht herausragender Wert. Samsungs S7 hält hier eine gute Stunde länger durch. Dank Quick Charge 3.0 soll das HTC 10 besonders flott aufgeladen sein, das konkrete Versprechen lautet, dass 50 Prozent Akkuladung in 30 Minuten erreicht werden. Im Test bestätigt sich dies fast exakt, auf 48 Prozent schafft es das Gerät nach einer halben Stunde. Wie von solchen Quick-Charging-Technologien gewohnt, verflacht die Ladekurve gegen Ende hin deutlich. Bis das Gerät vollständig geladen ist, dauerte es im Endeffekt dann also 1:29 Stunden.

Die Kamera steht beim HTC 10 leicht heraus, obwohl das Smartphone an sich schon zu den dickeren Vertretern der aktuellsten Hardwaregeneration gehört.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

USB C

Das Laden wird über einen USB-Type-C-Anschluss vorgenommen – wie bei praktisch allen aktuellen Android-Topgeräten jenseits von Samsung. Doch während viele Anbieter – darunter auch Google – dahinter "nur" einen USB 2.0-Anschluss verbergen, folgt HTC bereits dem USB 3.1-Standard, verspricht also – theoretisch – bessere Übertragungsraten. In der Praxis macht dies aber angesichts der Beschränkungen durch die Performance des lokalen Speichers derzeit ohnehin wenig Unterschied aus. Am Rande sei angemerkt, dass die USB-Type-C-Spezifikation genaugenommen die Kombination mit Quick Charge 3.0 verbietet, sowohl HTC als auch Qualcomm beteuern aber, dass diese Zusammenarbeit ausführlich getestet wurde, und keine Probleme erzeugen soll.

Speicherplatz

Apropos: Das HTC 10 gibt es in zwei Ausführungen mit wahlweise 32 oder 64 GB lokalem Speicherplatz. Die Geschwindigkeit des verbauten Flash-Speichers liegt dabei im Mittelfeld, an die Topwerte von Samsungs S7 kommt man im Benchmark von Androbench also nicht heran. Das Ganze lässt sich mittels MicroSD-Karte erweitern, wobei HTC erfreulicherweise auch die Möglichkeit, die SD-Karte in den lokalen Speicher fix einzubinden, zulässt. Diese Funktion hatte Google mit Android 6.0 eingeführt, wurde aber von anderen Herstellern wie Samsung und LG auf ihren Geräten deaktiviert.

Sound und Connectivity

Mit dem HTC 10 endet die Ära der Dual-Front-Lautsprecher bei dem taiwanesischen Hersteller. Zwar gibt es noch immer Stereo-Sound, der zweite Lautsprecher ist nun aber an der Unterseite neben dem USB-C-Anschluss angebracht. In Fragen Klangqualität übertrifft HTC aber auch beim neuen Modell wieder den allergrößten Teil der Konkurrenz. Die Audiostärken bestätigen sich zudem mit einer hervorragenden Ausgabe über die von HTC mitgelieferten Kopfhörer. Für die Datenübertragung unterstützt das HTC 10 neben LTE auch WLAN 802.11ac, NFC wird ebenso unterstützt wie Bluetooth 4.2.

Das Gehäuse ist fast durchgängig aus Metall gehalten. Nur an der Oberseite befindet sich eine kleine Kunststoffabdeckung, um NFC und anderen Antennen ein kleines Fenster zu bieten.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Software

Viele Jahre hat HTC sein Heil in massiven Umbauten an der Android-Basis gesucht, mit dem HTC 10 und der Oberfläche Sense 8.0 reduziert man diese Eingriffe nun stark. Sowohl in Hinblick auf die App-Ausstattung als auch auf das Kern-User-Interface ist HTC so nah am Google-Android wie noch nie, und entledigt sich damit auch einiger unnötiger Inkonsistenzen früherer Geräte. Soweit die gute Nachricht, die schlechte folgt aber sogleich: Fast alles was verblieben ist, ist von zweifelhaftem Wert.

HTC verpasst Android mit Sense 8.0 weiter diverse Anpassungen, so dezent wie dieses Mal sind diese aber bisher noch nie ausgefallen.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Dieses Verdikt lässt sich am besten an einzelnen Beispielen festmachen. So gibt es etwa während des Einrichtens des Geräts die Option einen PIN festzulegen. HTC beschränkt diesen von Haus aus auf eine Maximallänge von vier Zeichen, und hat hierfür sogar eine eigene Option dem Setup-Dialog hinzugefügt. Dies hält man beim Hersteller wohl für eine nützliche Vereinfachung, in Wirklichkeit ist dies nur eine sinnfreie Beschränkung mit negativer Vorbildfunktion für die Sicherheit. In den Systemeinstellungen von Android nimmt HTC – neben vielen durchaus nachvollziehbaren Optionen – ebenfalls zweifelhafte Änderungen. So findet sich hier ein Punkt für den BoomSound, dieser ist aber kein echte Menüpunkt wie es an dieser Stelle sonst immer der Fall ist, sondern ein Schalter, der sich als normaler Eintrag tarnt.

Google statt HTC

Am Homescreen hat sich kaum etwas getan, auch der "Blinkfeed", der den Nutzern Nachrichten aus verschiedenen Quellen zusammenträgt, steht weiter links vom Startbildschirm zur Verfügung. An eigenen Apps liefert HTC unter anderem einen Mail-Client, eine Kontaktverwaltung sowie eine Telefonie-App. Vieles andere übernimmt man nun hingegen von Google, darunter dessen Kalender, Google Photo2 oder auch Play Music und Movies. Interessanterweise liefert HTC mehr Google-Apps aus, als man laut den mit dem Play Store verbundenen Lizenzbedingungen eigentlich müsste. So sind etwa Google Docs, Sheets, Presentations und Keep fix vorinstalliert – alles Programm, die selbst auf Googles eigenen Geräten mittlerweile optional sind.

Facebook: Ja. Microsoft: Nein

Ansonsten präsentiert sich die Softwareausstattung recht schlank. Facebook, der Facebook Messenger, Instagram sowie NewsRepublic sind zwar ebenfalls vorinstalliert, Microsoft-Apps finden sich auf dem neuen Smartphone hingegen keine. Damit hat sich HTC – im Gegensatz zu Samsung oder LG – also offenbar nicht auf jenen Deal mit Microsoft eingelassen, der für die Installationen der Apps des Windows-Herstellers reduzierte Lizenzzahlungen an den Konkurrenten verspricht.

Der Blinkfeed liefert laufend Nachrichten, wirklich überzeugend ist dieser Service aber nicht. In der Mitte ist der App Launcher von Sense zu sehen. Die Schnelleinstellungen entsprechen mittlerweile weitgehend dem Original von Google.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Seltsame Entscheidungen

Angesichts der reduzierte App-Auswahl verblüfft dann allerdings um so mehr das eine oder andere Programm, dass es trotzdem auf das Gerät geschafft hat. So gibt es eine eigene Taschenlampen-App, obwohl diese Funktionalität seit längerem über die Schnelleinstellungen von Android zur Verfügung steht. Und mit Boost+ preist HTC ausgerechnet eine jener Apps an, die durch ein regelmäßiges Aufräumen des Speichers eine bessere Performance versprechen – und dabei in Wirklichkeit meist das exakte Gegenteil erreichen, da sie dem Android-Multitasking-Konzept zuwiderarbeiten.

Gut gelungen

Aber all dies sind im Endeffekt kleine Details, Fakt ist, dass Sense 8.0 zu den angenehmeren Android-Oberflächen gehört. Vor allem lassen sich fast alle HTC-spezifischen Modifikationen relativ einfach rückgängig machen, schon der Austausch des Launchers bringt hier viel.

Update? Bitte warten

Ein wesentlich substantielleres Problem in Hinblick auf die Software ist hingegen die Update-Frage. HTC hat sich bislang nicht dem monatlichen Sicherheitsupdatezyklus von Google angeschlossen, dieser sei schlicht unrealistisch, hatte man vor einigen Monaten verlautbaren lassen. Dazu passend finden sich in den Systeminformationen des HTC 10 auch keinerlei Informationen zum Android Security Patch Level, die Nutzer wissen also schlicht nicht, wie gut sie vor welchen bekannten Lücken geschützt sind. Um das klar zu machen: Die Unterstützung des monatlichen Update-Zyklus lässt auch bei anderen Herstellern einiges zu wünschen übrig, eine vollständige Ablehnung dieses Mechanismus lässt aber nichts Gutes für die langfristige Softwareversorgung erahnen.

So manche mitgelieferte App ist zweifelhafter Natur. Wirklich erfreulich ist aber, dass HTC alle seine Programme – und sogar einige Systemkomponenten – über den Play Store aktuell hält.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Verfügbarkeit

Im österreichischen Handel soll das HTC 10 nach aktuellen Informationen ab Mitte Mai verfügbar sein. Den Preis gibt der Hersteller mit 699 Euro für die 32 GB-Version an, an Farbvarianten stehen Schwarz, Weiß und Gold zur Wahl.

Fazit

Mit dem HTC 10 will der Hersteller nach mehreren Misserfolgen endlich das ersehnte – und dringend benötigte Comeback erzielen. Und tatsächlich macht HTC sehr viel richtig: Die Performance ist ebenso auf Topniveau wie die Kamera oder auch die Verarbeitung des Geräts, an Bildschirm und Sound gibt es ebenfalls nichts auszusetzen, lediglich die Akku-Laufzeit könnte noch etwas besser sein. In Fragen Software sind zwar diverse Defizite weiter unübersehbar, zumindest hat man aber deutliche Schritte in die richtige Richtung gesetzt, und im Gegensatz zu manch anderem Hersteller stehen die eigenen Modifikationen zumindest nicht dem restlichen System im Weg.

Wer jetzt ein neues Smartphone sucht, und absolute Top-Hardware haben will, ist mit dem HTC 10 fraglos bestens bedient. Und doch ist dieses Verdikt untrennbar mit dem Zweifel verbunden, ob dem Hersteller damit der ersehnte Massenerfolg gelingen wird. Fakt ist, dass es mittlerweile kaum mehr möglich ist, sich über Performance, Bildschirm oder Kamera signifikant von der Konkurrenz abzuheben. Und in so einer Situation wird es immer schwerer einen solch hohen Preis zu rechtfertigen, wie ihn HTC veranschlagt – vor allem wenn man keinerlei Alleinstellungsmerkmale hat. Und eben diese fehlen dem HTC 10 komplett. (Andreas Proschofsky, 10.5.2016)